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Gesundheit

Grüne Hausapotheke

Unsere Großmütter kannten noch die uralten Hausmittel, die bei vielen Beschwerden Linderung verschaffen konnten. Kräuterfrau Erika Dittmeier-Ditzel lässt dieses Wissen um die Heilkräfte aus der Natur wieder aufleben.

 
Schnelle Hilfe ist im Alltag oft gefragt – wenn die Kinder beim Spielen hinfallen oder ein Familienmitglied erste Anzeichen einer Erkältung zeigt. „Unsere Großmütter und Urgroßmütter kannten noch viele natürliche Hausmittel, die in solchen Fällen Retter in der Not waren“, erzählt Erika Dittmeier-Ditzel, die im hessischen Gründau den „Kräuterladen Hollerblüte“ betreibt. „Sie haben mit traditionellen Zubereitungen wie Tee, Kräuteröl, Tinktur, Likör oder ätherischen Ölen alle möglichen Beschwerden gelindert.“

WIE DIE WEISEN FRAUEN

Viel von dem Wissen der weisen Frauen ist in Vergessenheit geraten. Unsere Kräuterexpertin will es wieder aufleben lassen und ermutigt die Menschen in ihren Kursen und Seminaren, die Geschenke der Natur für Gesundheit und Wohlbefinden anzunehmen: „Schon als Kind hat mich die Schönheit der Pflanzen begeistert und diese Begeisterung möchte ich gern weitergeben.“ Was soll nun hinein in einen „grünen Medizinschrank“? Geschwächte Abwehrkräfte, Hautverletzungen, Erkältungskrankheiten, leichte Verbrennungen, Schmerzen, Verdauungsbeschwerden aller Art, Prellungen und Verstauchungen, Fieber, leichte Harnwegsinfekte und Insektenstiche sind die Beschwerden, die im Alltag am häufigsten vorkommen. Und nicht zuletzt gehören auch Mittel zur Steigerung des Wohlbefindens in jede natürliche Hausapotheke. Jede Selbstbehandlung hat aber Grenzen: Wenn sich die Beschwerden nicht bessern oder sogar verschlimmern, muss ein Arzt oder Heilpraktiker hingezogen werden. Ein Mittel zur Kräftigung des Immunsystems sollte man immer griffbereit haben. Verschiedene Heilpflanzen können den Organismus stärken und helfen ihm bei der Abwehr von Bakterien, Viren und anderen Erregern. So wie der Spitzwegerich. „Untersuchungen haben ergeben, dass er in frischem Zustand eine antibiotische Wirkung hat“, erklärt die in Pflanzenheilkunde ausgebildete Kräuterfrau. Verantwortlich dafür ist der Inhaltsstoff Aucubin. „Weiterhin enthalten seine Blätter bakterien- und entzündungshemmende Substanzen sowie bindegewebsstärkende Kieselsäure.“

EIN VORRAT FÜR DEN WINTER

Praktischerweise wächst der Spitzwegerich vielerorts: an Wegrändern, auf Wiesen und Weiden und in den Gärten. Da seine Wirkstoffe, die man im Frühjahr in der frischen Wildkräuterküche für die Gesundheit nutzen kann, beim Trocknen größtenteils verloren gehen, legt man sich für den Winter am besten einen Vorrat an Spitzwegerich-Honig an: Darin sind seine wertvollen Bestandteile konserviert. Rotklee dagegen, dessen Blüten mit Wasser zu einem Tee aufgegossen werden, stärkt das Immunsystem auch im getrockneten Zustand. Frisch passt er im Sommer auch in Suppen, Salate und Desserts.

Erste Hilfe aus der Natur bekamen unsere Vorfahren auch, wenn sie sich bei der Arbeit Hautverletzungen zuzogen. Erika Dittmeier-Ditzel: „Altbewährte Pflanzen zur Wundbehandlung sind die echte Kamille und die Ringelblume. Beide unterstützen die Heilung in allen Phasen hervorragend und zeichnen sich obendrein durch das Fehlen von Nebenwirkungen aus. Korbblütler-Allergien sind bei ihnen äußerst selten.“ Kleine Verletzungen wie Schürfwunden, Schnitt-, Riss- oder Stichwunden müssen meist nicht desinfiziert werden und reinigen sich beim Ausbluten. Zur schnellen äußeren Behandlung wird ein Tee gekocht: Zwei Teelöffel getrocknete Kamillenblüten mit 150 Milliliter abgekochtem Wasser übergießen, zugedeckt etwa zehn Minuten ziehen lassen. Lauwarm wird er dann mit einer Kompresse auf die Wunde getupft oder mehrmals täglich darübergegossen. Ein Verband tut insbesondere Kindern gut, hält die verletzte Stelle warm und fördert so die Durchblutung und damit die Heilung. Eine nässende Wunde kann mit einer in Kamillentee getränkten Auflage „ausgetrocknet“ werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich, immer etwas Ringelblumenöl in der Hausapotheke zu haben: Die „Sonnenbraut“ unterstützt die Wundheilung und pflegt die Haut.

ERSTE MASSNAHMEN

Die beiden hautfreundlichen Pflanzen kommen auch bei leichten Verbrühungen und Verbrennungen zum Einsatz – nachdem als erste Maßnahme die betroffene Stelle etwa 15 bis 30 Minuten lang unter kaltes oder lauwarmes Wasser gehalten wurde. Auf keinen Fall Eis verwenden! Danach sind Auflagen aus Buttermilch oder kalten Teezubereitungen entzündungswidriger Kräuter hilfreich. Das sind neben Ringelblume und Kamille auch Pfefferminze, Spitzwegerich, Mädesüß und Malve. Eine besonders wirkungsvolle Maßnahme, wenn man sich beim Kochen einen Finger verbrannt hat: eine rohe Kartoffel aushöhlen und den Finger hineinstecken. Das kühlt die Haut und hält sie feucht.

TEEKUR ZUM SCHWITZEN

Erkältungskräuter sind die meist genutzten Heilpflanzen und sollten unbedingt in einer grünen Hausapotheke vorhanden sein. Schweißtreibende Teemischungen mit Linden- oder Holunderblüten können den Ausbruch lindern oder stoppen, wenn man bereits bei den ersten Anzeichen mehrmals täglich eine Tasse trinkt. „Diese Blütentees bringen den Organismus ganz schön zum Schwitzen. Dann ist es auch wichtig, dass man seinem Körper die Ruhe zum Gesundwerden gibt“, meint die Mutter zweier Kinder. Die wunderschönen, duftenden Holunderblüten liebt sie besonders und hat daher ihren Kräuterladen nach ihnen benannt.
Pflanzen mit intensiven ätherischen Ölen wie Engelwurz, Thymian, Pfefferminze, Salbei, Lavendel, Kamille und eben die Holunderblüte sind besonders für ein Gesichts-Dampfbad geeignet, das die Atemwege wohltuend befreit. Bei Schnupfen hilft auch die Inhalation einer Salzlösung: Einen Teelöffel Salz in einem halben Liter Wasser auflösen, ein Nasenloch zuhalten und mit dem anderen die Flüssigkeit aus der hohlen Hand hochschnupfen.
Ein altes Hausmittel, das sich bei Halsschmerzen und Schleimhautentzündungen in Mund und Rachen bewährt hat: drei Teelöffel Apfelessig in ein Glas mit warmem Wasser geben und mit zwei Teelöffeln Honig vermischen. Stündlich damit gurgeln, bis die Beschwerden verschwinden.

BITTERE HEILPFLANZEN

Auch für Verdauungsbeschwerden hält die grüne Hausapotheke eine Reihe von lindernden Mitteln bereit. Vor allem die bitteren Heilpflanzen finden hier Anwendung. „Was bitter im Mund, ist dem Magen gesund“ – so lautet eine alte Erkenntnis in der Volksmedizin. „Der Löwenzahn ist eine heimische Bitterstoffpflanze, die uns in Fülle zur Verfügung steht. Die meisten Bitterstoffe enthalten ihre Wurzeln im Frühjahr.
Für kulinarische Zwecke sammelt man sie daher lieber im Herbst“, so die Pflanzenexpertin. Bitterstoffe wirken verdauungs- und appetitfördernd, sie regen die Produktion von Magensäure und Gallensaft an. Für einen Tee wird ein Teelöffel der Löwenzahnwurzel mit einer Tasse kaltem Wasser aufgekocht. Nach fünf Minuten abgießen. Bei Bedarf bis zu drei Tassen am Tag trinken.

DAS REGT DEN APPETIT AN

Löwenzahn gehört auch in einen heimischen Neun-Kräuter-Geist, der vor dem Essen den Appetit und danach die Verdauung anregt. Die Kräuter sind in der Natur ganz in unserer Nähe zu finden. Mit dem Geist ist sogar eine äußerliche Anwendung möglich, z. B. bei kleinen Verletzungen oder Hautproblemen.
Auch gegen Schmerzen wächst ein Kraut. Sie sind aber immer ein Alarmzeichen, dem man auf den Grund gehen muss. Früher empfahlen Kräutergelehrte bei Kopfweh, frische Pfefferminzblättchen auf die Schläfen aufzulegen. Wer die Blätter zerreibt und den Pflanzensaft auf eine peinigende Stelle am Körper auflegt, spürt sofort, dass dort die Empfindlichkeit erheblich abnimmt.
Weitere Hausmittel aus der grünen Naturapotheke werden in der nächsten Ausgabe der LandIdee vorgestellt.

Angelika Krause
 
Pure Natur, die hilft (Fotos: Peter Raider)
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